Rückblick auf die Herbsttagung 2017

Unser Seminar im Herbst 2017 übertraf unsere Erwartungen. Die Teilnehmer und Veranstalter bedanken sich recht herzlich bei den Referenten

  • Frau Ministerialdirektorin Marie Luise Graf-Schlicker aus Berlin
  • Herrn Dr. Oliver Gerson, Passau
  • Herrn Staatsanwalt Martin Reiter, Saarbrücken

für ihre hervorragenden Vorträge und Diskussionsbeiträge, die nicht nur höchst informativ, sondern durchgehend auch unterhaltsam und spannend waren.

Frau Marie Luise Graf-Schlicker
berichtete ausführlich über die Arbeit in der Expertenkommission, die maßgeblich an der StPO-Reform 2017 mitgewirkt hat.

Frau Graf-Schlicker gab in ihrem Referat einige Details wieder, die es verständlicher machten, warum die eine oder andere Regelung so ausgefallen ist, wie sie von uns nun zu akzeptieren und umzusetzen ist. Es habe keineswegs immer Einigkeit zwischen den Experten bestanden, insbesondere bei dem Thema audio-visuelle Dokumentation der Hauptverhandlung habe es widerstreitende Standpunkte gegeben. Die Referentin vermittelte den Teilnehmern den Eindruck, daß die Argumente aller an dem Verfahren Beteiligten intensiv vorgetragen und ausgetauscht wurden. Die Teilnehmer bedauerten in ihren Diskussionsbeiträge, daß die von Strafverteidigern vertretenen Positionen sich am Ende nicht durchsetzen konnten.

Herr Dr. Oliver Gerson
thematisierte die Modernisierung des Strafprozesses und stellte sie als ein zweischneidiges Schwert dar.

Eine interdisziplinäre Perspektive einnehmend trug Herr Dr. Gerson die in der deutschen Diskussion noch weitgehend unterrepräsentierten sozial-psychologischen Vor- und Nachteile der „Digitalisierung“ des Strafprozesses vor. Er wies hin auf die mit dem „Gerichtsfernsehen“, den audiovisuellen Vernehmungsdokumentationen und „Big Data-Ermittlungen“ einhergehende Probleme, für die es keine einfachen Lösungen geben könne. Dr. Gerson deckte verborgene psychodynamische Unwägbarkeiten und der darin verhafteten Wirkmächtigkeit(en) auf. Ein insgesamt erhellender Blick weit über den strafverteidigigenden Tellerrand hinaus. Zur Vertiefung empfiehlt Dr. Gerson seinen Beitrag in der KriPoZ 6/2017

Herrn Martin Reiter
gelang es in einem höchst unterhaltsamen Vortrag, die für die Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden (und für einige Verteidiger) innovativen Ermittlungsmethoden darzustellen.

Er sorgte bei den Teilnehmern für Erstaunen darüber, was den Ermittlern zum einen in den „sozialen Netzwerken“ und im „Internet der Dinge“ alles möglich ist und zum anderen, was die Staatsanwaltschaften schon alles darüber wissen. Herr Reiter korrigierte den Eindruck, bei den Ermittlungsbehörden seien IT-Kenntnisse nur rudimentär vorhanden. Er bat aber ausdrücklich darum, die von ihm dargestellten „Ermittlungs-Tricks“ hier nicht zu veröffentlichen und nur lobend über die Polizeispitze zu berichten. Und eigentlich sollte ich schreiben, daß es sich um einen langweiligen Vortrag gehandelt hat; aber ich wäre kein Strafverteidiger, wenn ich immer das tun würde, was Staatsanwälte von mir verlangen.

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Für die *verspätete* Berichterstattung bitte ich kleinlaut um Entschuldigung. crh